Tokio (dpa) - Diesen Moment hatten die jungen
Japanerinnen seit langem herbeigesehnt: Als die Band Tokio Hotel
lächelnd den Saal der Residenz des deutschen Botschafters in Tokio
betritt, kreischen dutzende junge Japanerinnen, aber auch Schülerinnen
der deutschen Schule in Yokohama begeistert auf.
Botschafter Volker Stanzel spannt sie nicht lange
auf die Folter, jetzt dürfen sie alles fragen, was sie schon immer
wissen wollten: Welchen Eindruck sie von japanischen Mädchen hätten,
will eine wissen. Eigentlich von Bill Kaulitz, aber der reicht das Mikro
lieber an seinen Zwillingsbruder Tom: «Hübsche Mädchen gibt's auch
hier», sagt dieser lächelnd, und die Girls schmelzen kreischend dahin.
Tokio Hotel in Tokio - das erste Mal überhaupt.
Doch dieser Besuch soll nicht der letzte sein. «Wir sind erstaunt, dass
es überhaupt so viele Fans hier gibt. Wir haben gar nicht damit
gerechnet», sagt Bill. Bereits am Flughafen wurden die Brüder und ihre
beiden Mitstreiter Georg Listing (Bass) und Gustav Schäfer (Schlagzeug)
mit liebevoll selbst gemachten Geschenken wie Origami-Weihnachtskarten
in japanischer Papierfaltkunst begrüßt.
Die Reaktionen der weiblichen Fans seien zwar
ähnlich wie in Deutschland. «Aber ich muss sagen, sie sind ein bisschen
zurückhaltend, ein bisschen schüchtern, was ich total niedlich, total
süß finde», sagt Bill und lächelt aus seinen schwarzen geschminkten
Augen. Mit seinem durchgestylten Outfit - offene Militärjacke, darunter
schwarzes T-Shirt und schräg über die Brust geschnallter Patronengurt -
passt er auch nach Ansicht seiner ersten japanischen Fans perfekt zu
Tokio und der Jugendszene der Millionenmetropole.
Dabei wissen sie von Japan noch so gut wie gar
nichts, trotz des Wortes Tokio in ihrem Bandnamen. Den hätten sie
gewählt, weil Tokio ein Ziel gewesen sei, von dem sie nur träumen
konnten, aber «von dem wir uns nie vorstellen konnten, da mal als Band
hinzukommen», sagt Tom. «Als wir angefangen haben, kannte ich keine
Manga, ich kannte gar nichts», gibt Bill zu. Von japanischer Pop-Musik,
dem J-Pop, hätten sie zwar mal was gehört. «Aber eine Ahnung haben wir
eigentlich nicht». Doch das soll sich nun alles ändern. Zunächst sind es
nur wenige Tage, der Auftritt in der Deutschen Botschaft, gefolgt von
einem kleinen Konzert zu Werbezwecken vor geladenen Gästen.
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Doch dabei soll es nicht bleiben, in den nächsten
Monaten seien mehrere Reisen nach Japan geplant. «Wir verabschieden uns
gerade in die kreative Zeit, weil wir uns zurückziehen wollen ins
Studio», sagt Tom. «Die Japan-Trips sind das Einzige, was wir außerhalb
des Studios noch machen.» Eine Tour durch Japan werde es aber wohl erst
nach einer neuen Platte geben. Aktuell ist von Tokio Hotel ein gerade
erschienenes «Best Of»-Album auf dem Markt.
Die Herzen der ersten weiblichen Fans haben sie
jedenfalls auch so schon erobert. «Ich liebe Dich», ruft eine junge
Japanerin in holprigem Deutsch den 21- bis 23-jährigen Musikern zu. Eine
andere, die extra aus der fernen Provinz mit schwarzem
Tokio-Hotel-T-Shirt in die Hauptstadt angereist kam, übt vor der
Autogrammstunde in der Deutschen Botschaft noch schnell aufgeregt die
deutschen Worte: «Ich möchte Dich heiraten». Und eine verheiratete
30-jährige Japanerin bittet derweil den deutschen Reporter, ihr noch
schnell den Satz beizubringen, den sie Tom und Bill sagen wolle: «Ich
wollte, ich hätte Euch zur Welt gebracht».
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